Körperwahrnehmung

Unser Körper hat eine Schwangerschaft und eine Geburt durchlebt. Jede Schwangerschaft und Geburt verändert ihn und hinterlässt Spuren. Diese Spuren sind sehr individuell und beeinflusst von der Dauer der Schwangerschaft und der Art der Geburt. Nach der enormen Höchstleistung, die unser Körper mit der Schwangerschaft und der Geburt vollbracht hat, benötigen wir und unser Körper Erholung, Ruhe und Pflege. Nachwehen, Milcheinschuss, Wochenfluss … Unser Körper und die Hormone funktionieren einwandfrei. Auch nach dem Tod unseres Kindes. Der Körper tut genau das, was die Natur von ihm verlangt und ist weiterhin komplett auf das Baby und seine Bedürfnisse eingestellt wie auch auf unsere langsame körperliche Rückbildung.

Doch direkt nach einem solchen Ereignis können unser Verstand und unsere Seele noch gar nicht verstehen, was passiert ist. Durch diesen schweren Schicksalsschlag haben wir ein Trauma erlitten. Viele Betroffene stehen für Stunden und Tage, gar Wochen unter Schock. Der Schock kann sich unterschiedlich zeigen, beispielsweise indem wir uns betäubt fühlen oder aber hellwach sind, wir spüren gar nichts mehr, sind desorientiert, völlig blockiert und erstarrt, wir können nichts einordnen oder nehmen alles wie durch einen Filter wahr. Wir verlieren den Boden unter den Füssen und den Kontakt zu unserem Körper. Die Erinnerung an die Geburt ist in diesem Zustand bei den meisten Betroffenen noch deutlich erschwert.

Diese Unvereinbarkeit von unserem funktionierenden Mutterkörper, dem fehlenden, dazu gehörigen Kind und unserer Belastungsreaktion überfordert uns. Die meisten von uns werden sich kaum die Ruhe und die nötige Körperarbeit gönnen, um sich körperlich entsprechend zu erholen. Zuviel passiert nun auf der seelischen Ebene, als dass wir es schaffen würden, uns um unseren Körper zu kümmern. Wir blenden ihn aus und wollen oder können noch nicht an die körperlichen Erfahrungen erinnert werden.

Doch wie gut es tut und wie wichtig es ist, sich selber wieder zu spüren, davon wollen wir berichten. Versuchen Sie etwas zu finden, was Ihnen wohl tut. Versuchen Sie den Kontakt zu Ihrem Körper langsam wieder herzustellen und zu ihm und in ihn zurückzukehren. Freunden Sie sich wieder mit ihm an. Auch mit den durch die Geburt verletzten und erschrockenen Körperstellen. Es wird Ihnen helfen, sich insgesamt wieder wohler zu fühlen. Vielleicht ergibt sich durch die Körperarbeit auch ein neues Ventil. Dieses kann Ihnen wiederum helfen, durch Gefühle hindurch zu kommen, die Ihnen noch unvertraut sind. Der Zugang zum eigenen Körper ist eine wichtige Voraussetzung, um Alarmsignale wie physische Schmerzen, Müdigkeit, Hunger oder Durst wahrnehmen zu können. Diese Signale werden durch die ganze Kopf- und Seelenarbeit oft nicht mehr wahrgenommen.

Das Zurückkehren zur eigenen Körperwahrnehmung hilft uns auch, in der Partnerschaft wieder Zärtlichkeit und körperliche Nähe zuzulassen und sich aufeinander einzulassen. Für die Sexualität ist eine positive eigene Körperempfindung eine sehr wichtige Voraussetzung. Lassen Sie sich Zeit und sagen Sie, wenn Sie noch nicht bereit sind.


Was uns helfen kann:

  • Der Körper braucht nach jeder Geburt Zeit und Ruhe, um sich zu erholen. Das Wochenbett sollte auch beim Tod eines Kindes stattfinden.

  • Einen Bezug zum eigenen Körper wieder herzustellen braucht manchmal Unterstützung von aussen. Zum Beispiel mit Hilfe einer Hebamme im Wochenbett.

  • Besuchen Sie einen speziellen Rückbildungskurs für Betroffene.

  • Wenn der Wochenfluss vorbei ist, kann Sauna gut helfen sich zu spüren. Das Eintauchen ins kalte Wasser, die Hitze und Ruhe aufzunehmen.

  • Sport und Bewegung allgemein.

  • Achtsamkeitsübungen, Körperübungen, Yoga, Pilates.

  • Ganzkörper-Massage.


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