Schuld

Die meisten von uns erleben das Gefühl der Schuld und die damit verbundenen Gedanken. Wir fragen uns, ob wir etwas falsch gemacht haben. Etwas dazu beigetragen haben, dass das eigene Kind gestorben ist. Sollten wir diese Verantwortung übernehmen müssen? Können wir das überhaupt?

Nein, den Tod seines Kindes kann man nicht einfach so beeinflussen. Die Kinder sind autonome Menschen. Und wir können in unserer Welt vieles steuern und beeinflussen, aber ob ein Kind überlebensfähig ist oder nicht, das haben wir nicht in der Hand.

Und doch werden die meisten von uns mit der Schuld konfrontiert. Wir überlegen uns vielleicht, ob wir einen anderen Lebensstil hätten führen, eine weitere Untersuchung hätten zulassen oder uns mehr über das ungeborene Kind hätten freuen müssen. Waren unsere Ängste, unsere Unsicherheiten zu gross?

Es gibt unzählige Vorwürfe, die wir uns selber an den Kopf werfen können. Meistens kommen diese Vorwürfe von einem selber, vor allem dann, wenn die Ursache des Todes nicht eindeutig ist. Oder dann, wenn die Ursache durch frühzeitiges Wissen hätte umgangen werden können.

Wir können aber nicht alles wissen. Wir können alles richtig machen, können jede Untersuchung machen, die gemacht werden muss. Dennoch kann der Tod eines Kindes nicht vorausgesagt, geschweige denn verhindert werden. Es gibt Zufälle und Umstände, die sich unserer Kontrolle, wie auch jener der Ärzte und Fachpersonen entziehen. Umso schwieriger ist es, das Geschehene zu akzeptieren.

Es ist also davon auszugehen, dass wir Betroffenen «irrationale» Schuldgefühle haben. Wir meinen, wir hätten das Geschehene irgendwie beeinflussen können. Hierbei bieten uns auch unlogische Schuldgefühle eine Illusion von Kontrolle über die Situation. Vielleicht versuchen wir uns damit vor zu intensiven Ohnmachtsgefühlen zu schützen.

Wir sind nicht auf die Lösung gekommen, wie diese Last von uns zu weisen ist. Aber wir können sagen, dass wir gelernt haben, damit umzugehen und rational behaupten können, dass wir nicht schuldig sind.

Diejenigen, die entscheiden mussten, ob das Kind abgetrieben werden soll oder nicht (wenn es beispielsweise an einer sehr schweren Krankheit oder Fehlbildung gelitten hat) erleben vermutlich einen noch stärkeren Druck. Eine solche Entscheidung fällen zu müssen, ist eine besonders grosse Herausforderung.

Im Umgang mit Schuldgefühlen ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, dass wir durch die Zeit der Schwangerschaft, während der Geburt und/oder danach stets das gemacht haben, was wir als richtig erachtet haben. Wir haben uns mit dem uns verfügbaren Wissen, mit unserem Instinkt und unserem nötigen Vertrauen so gut in die Situation begeben, wie wir es konnten. Dies auch, wenn sich jemand für eine Abtreibung entscheiden musste. Wir haben unser Bestes gegeben in den unterschiedlichen Situationen. Für das Kind, für uns. Somit können wir sagen, dass wir für den Moment mit unserem besten Willen gehandelt haben. Dies ist das, was wir konnten. Und das ist wichtig.

Und für all die Dinge, die wir nicht in der Hand haben, sollten wir uns klar von Schuld befreien. Denn das liegt nicht in unserer Hand.


Was uns helfen kann:

  • Den Austausch suchen. Mit Betroffenen und/oder Fachpersonen sprechen (siehe Hilfe).

  • Informationen einholen. Sich bestmöglich erklären lassen, was genau geschehen ist.

  • Wir sollten gütig mit uns umgehen. Versöhnen wir uns mit uns selbst.

  • Verzeihen wir uns mögliche und mit grösster Wahrscheinlichkeit irrationale Anteile an Schuld.

  • Für Entspannung sorgen, sich bewegen.

  • Die Verbindung zum verstorbenen Kind mit Liebe pflegen und leben.



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