Beziehung

Der Tod des eigenen Kindes bringt alles durcheinander. Für uns steht die Welt still. Wir können uns nicht vorstellen, wie wir aus diesem Schock je wieder erwachen. Diese äusserst schwierige Situation und unsere ausserordentliche Verfassung überfordern uns selber genauso wie unsere/n PartnerIn. Es kann eine grosse Herausforderung für die Partnerschaft darstellen, den Schockzustand wie auch den nachfolgenden Trauerprozess gemeinsam zu bewältigen. Es kann schwierig sein, eigene Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen, diese mitzuteilen und damit das Gegenüber einzubeziehen. Einige haben Mühe, in der eigenen Verletzung Unterstützung anzubieten. Es kann manchmal auch schwierig sein, Verständnis für die Trauerreaktion des Gegenübers aufzubringen.

Wir werden als Paar, vor allem kurz nach dem Tod des Kindes, unvorbereitet vor Entscheidungen gestellt, welche nicht lange überlegt werden können. Dies kann zu grosser Spannung führen, da Mutter und Vater aus unterschiedlichen Familien kommen und möglicherweise unterschiedliche Traditionen leben. Die moralischen Wertvorstellungen können sich mehr unterscheiden, als man sich dies bisher vorgestellt hat. In einer solchen Situation eine gute Lösung zu finden, welche für alle stimmig ist, ist wichtig, auch wenn dies sehr schwierig sein kann. Wir sollten versuchen, bestmögliche Kompromisse einzugehen. Sprechen Sie miteinander, suchen Sie Unterstützung bei guten Freunden, Angehörigen oder Fachpersonen.

Hinzu kommt, dass wir unseren Partner, unsere Partnerin vermutlich zum ersten Mal in einer solchen Ausnahmesituation sehen und erleben. Der Umgang mit dieser Schocksituation und der Trauer ist bei jedem/r Betroffenen sehr individuell. Wir trauern so vielseitig und keine Art des Trauerns ist richtiger als die andere. Dies zu akzeptieren ist manchmal schwierig, aber wichtig. Oft ist der eine gesprächiger, will das Geschehene mehrfach besprechen und über das verstorbene Kind reden. Der Andere wiederum ist vielleicht schweigsamer, geht seinen Gedanken und seiner Trauer im Stillen nach, will oder kann weniger über die eigenen Gefühle sprechen. Bei manchen kommt zu Beginn der Trauer eine grosse Leere, andere versuchen zu verdrängen und die dritten befinden sich im Aufbruch, müssen aktiv sein und handeln, um zu verstehen. In diesen und weiteren Faktoren unterscheidet sich das Trauerverhalten. Glauben Sie nicht, dass der Partner, die Partnerin nicht trauert. Versuchen Sie, eine gemeinsame Basis zu finden, wie beide ihrer eigenen Trauer nachgehen können, ohne dass die Beziehung zusätzlich auf die Probe gestellt wird.

Beziehen Sie dazu auch Angehörige und/oder Fachpersonen ein. Die trauernde Person, welcher nach Reden zumute ist, soll reden können und dürfen. Wir verstehen, dass die Betroffenen am liebsten mit jener Person reden möchten, die alles miterlebt hat. Doch vielleicht geht das im Moment nicht. Versuchen wir, gegenseitig geduldig zu sein. Wenn die Person, die reden muss, vermehrt Trauer oder Verzweiflung ausdrückt oder Fragen stellt, sollten wir ebenfalls geduldig sein.

Machen wir uns nichts vor, es ist eine grosse Herausforderung für jedes betroffene Paar. Vielleicht finden wir gemeinsame Rituale, welche einen geschützten und klaren Zeitpunkt für beide bieten, wo Raum und das nötige Verständnis für unser gemeinsames Kind da ist.

Es gibt nicht das eine Rezept, wie eine Beziehung aufrechterhalten bleiben kann, wenn das eigene Kind stirbt. Doch weiss man, dass die Trauer lange, intensiv, schwankend und individuell erlebt wird. Dies für sich selber und den/die PartnerIn zu wissen, kann wertvoll sein. Vergessen wir nicht, was uns als Paar vor dem Tod des Kindes verbunden hat, was wir aneinander geschätzt haben. Versuchen wir, dies wieder aufzunehmen und unseren Gemeinsamkeiten nachzugehen. Sich auch als Paar den Raum geben für ganz andere Dinge, ist völlig in Ordnung, manchmal kostet es Überwindung … Doch es kann sehr heilsam sein.

Wir sollten uns aber auch gegenseitig Trost geben, versuchen immer wieder mal nachzufragen, wie es der/dem anderen mit dem Verlust ergeht. Vielleicht erfahren wir als Paar auch einen sehr starken Zusammenhalt, stehen uns noch näher und können uns gegenseitig Kraft und Mut spenden. Wir sollten gut aufeinander achten, unseren partnerschaftlichen und individuellen Umgang im Trauerprozess respektieren und möglichst nicht werten. So bleibt oder entsteht in dieser schwierigen Zeit eine gute Basis für die Beziehung. Es ist eine weitere Herausforderung des Lebens. Doch es ist möglich, wenn wir mit uns selber und dem Gegenüber geduldig sind.


Was uns helfen kann:

  • Gemeinsame Rituale können eine gemeinsame Zeit geben, welche dem Kind gewidmet ist und in der die Trauer zusammen gelebt werden kann.

  • Wir gehen gemeinsamen Interessen (wie vor dem Ereignis) nach. Oder probieren gemeinsam etwas Neues aus.

  • Geben wir uns gegenseitig den Raum, den wir brauchen, um zu verarbeiten und zu trauern. Sich gegenseitig den Rücken frei halten, dann, wenn bereits andere Kinder in der Familie sind.

  • Wenn wir unsere Trauer verbalisieren können, sollten wir das tun. Sagen wir, wie es uns geht und was uns hilft.

  • Akzeptieren wir aber auch, dass unser/e PartnerIn uns möglicherweise nicht direkt das geben kann, was wir brauchen. Wir müssen es uns selber geben.

  • Wenn wir spüren, dass wir uns verloren fühlen in der Trauer, sollten wir eine Fachperson beiziehen (dies ist übrigens auch als Paar möglich, muss aber nicht sein.)

  • Für ein gemeinsames Verständnis kann es für Eltern hilfreich sein, mithilfe einer Fachperson das Geschehene (z. B. die Geburt) zu besprechen.


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Ein schöner Beitrag für Paare. Es ist ein schwieriger Weg, den man zusammen und doch jeder für sich gehen muss. Ein Text des Schweizer Elternmagazins «Fritz+Fränzi».